44. BImSch-Verordnung: das sollten Sie als Betreiber:in von Feuerungsanlagen wissen
Die am 20. Juni 2019 in Kraft getretene 44. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz enthält weitreichende Änderungen, die durchaus auch nicht-genehmigungspflichtige Anlagen betreffen. Einige der Regeln gelten jetzt schon.
- 44. BImSch-Verordnung: das sollten Sie als Betreiber:in von Feuerungsanlagen wissen
- Welche Anlagen sind betroffen?
- Welche Pflichten gelten heute schon?
- Der richtige Zeitpunkt für die erste Messung nach der neuen Verordnung
- Registrierung der Anlagen
- Welche Übergangsfristen gelten für die neuen Grenzwerte?
- Welche Grenzwerte müssen Sie einhalten?
- Wo sind Nachrüstungen notwendig, um die Grenzwerte einhalten zu können?
- Wie gehen Sie jetzt am geschicktesten vor?
- Warum gibt es diese Neuregelungen?
- Fazit
Welche Anlagen sind betroffen?
Die Verordnung gilt für mittelgroße Feuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen, so der Titel der Verordnung. Davon haben wir in Deutschland etwa 40.000. Geschätzte 30.000 nicht-genehmigungspflichtige und 10.000 Anlagen, die bereits genehmigungspflichtig nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz sind.
Ob Ihre Anlage hierunter fällt, entnehmen Sie der Infografik. Zum Vergleich: Die Heizungsanlage eines Einfamilienhauses ist ungefähr 10 bis 20 kW groß, das sind etwa 1 bis 2 Prozent der Mindestgröße, um unter diese Verordnung zu fallen.
Die Verordnung gilt nicht für Anlagen, die in § 1 Absatz 2 aufgelistet sind.
Sehen Sie mir bitte nach, daß ich diese hier nicht stumpf abschreibe, wir können die Liste direkt nachlesen unter diesem link: Ausnahmen von der 44. BImSchV
Welche Pflichten gelten heute schon?
Die meisten Pflichten aus der Vorschrift gelten bereits seit Inkrafttreten, seit Juni 2019. Was heute gilt:
Anzeige an die Behörde
- emissionsrelevante Änderungen
(Umstellung auf einen anderen Brennstoff, Austausch eines Kessels, wesentliche Änderung einer genehmigungspflichtigen Anlage) - Wechsel des Betreibers
- endgültige Stilllegung der Anlage
Diese Anzeigepflichten gelten dauerhaft, bei jeder derartigen Änderung müssen Sie diese erneut anzeigen.
Aufzeichnungspflichten
Nennen wir es in Analogie Kesselbuch oder Betriebstagebuch. Zu dokumentieren ist wenigstens
- Betriebsstunden der Anlage
- Art und Menge der Brennstoffe
- Störungen und Ausfälle der Abgasreinigungen
- Fälle, in denen die Abgasgrenzwerte nicht eingehalten wurden und Massnahmen, die Sie ergriffen haben
Diese Unterlagen sind mindestens 6 Jahre aufzubewahren. Die Genehmigung und den Nachweis der Registrierung (siehe unten) sogar mindestens ein Jahr über die Einstellung des Betriebs hinaus.
An- und Abfahrzeiten
Die An- und Abfahrzeiten der Anlagen sind möglichst kurz zu halten. An dieser Formulierung können sich im Zweifelsfall die Juristen austoben. Entschuldigung, eine solch offene Formulierung führt im Zweifelsfall zu unnötigen Diskussionen. Aber: wissen sie, wie Ihr Anlagenbauer die Zeit fürs An- oder Abfahren einschätzt und wie lange es tatsächlich dauert?
Ableitbedingungen/
Schornsteinhöhe
Konkret geregelt ist die Schornsteinhöhe für nicht genehmigungsbedürftige Öl- und Gasfeuerungsanlagen bis 10 MW: Mindestens 3 Meter über First und mindestens 10 Meter über Gelände.
Nicht genehmigungspflichtige Anlagen ab 10 MW und genehmigungspflichtige Öl- und Gasfeuerungsanlagen brauchen einen Schornstein, dessen Höhe nach TA Luft ermittelt wird. Und zwar die Fassung der TA Luft zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Für diese Anlagen dürfte sich demnach nichts ändern. Für neue Anlagen ändert sich durch die TA Luft 2021 einiges, da die Art der Schornsteinhöhenberechnung verändert wurde.
Einrichtungen zur Abgasreinigung
Es ist immer der gesamte Abgasstrom durch die Reinigung zu fahren. Die Abgasreinigung muss kontinuierlich gefahren werden.
Bei Betriebsstörungen ist sofort zu reagieren:
- Massnahmen für den ordnungsgemäßen Betrieb ergreifen
- kann der ordnungsgemäße Betrieb nicht innerhalb 24 Stunden wieder aufgenommen werden, muss der Betreiber den Anlagenbetrieb einschränken oder sogar außer Betrieb nehmen
- innerhalb von 48 Stunden die Störung an die Behörde melden
Emissionsmessungen
Die Messverpflichtungen sind nach Anlagentyp, eingesetzten Brennstoffen, Anlagengröße und Schadstoff unterschiedlich.
Hier nur der Hinweis. Lassen Sie sich im Zweifelsfall bei der genauen Festlegung, was an Ihrer Anlage wie zu messen ist, helfen. Fragen Sie Ihre bisherige Messstelle, bzw. Ihren Schornsteinfeger.
Die Verordnung unterscheidet zwischen kontinuierlichen Messungen und Einzelmessungen. Bei den Einzelmessungen jährliche oder dreijährliche Messungen.
Ich gehe in diesem Beitrag nicht weiter darauf ein. Stimmen Sie sich unbedingt mit Ihrer Messstelle ab.
Der richtige Zeitpunkt für die erste Messung nach der neuen Verordnung
Sobald als möglich. Ich empfehle, die Messung nach den neuen Vorschriften durchzuführen, sobald Ihre Messstelle die Messung durchführen kann. Worauf warten? Mit dem Ergebnis wissen Sie, ob und mit welchem Aufwand Sie Ihre Anlage anpassen müssen – ohne dass Sie den Bezugssauerstoff umrechnen müssen. Je mehr Zeit Sie für die Anpassung haben, umso besser. Der Zeitpunkt, zu dem Sie fertig sein müssen, steht fest.
Haben Sie an Ihrer Anlage noch keine Emissionsmessungen gemacht, gelten feste Fristen:
- bis zum 20. Juni 2020, wenn jährliche Emissionsmessungen gefordert sind
- bis zum 20. Juni 2022, wenn alle drei Jahre gemessen werden muss
Registrierung der Anlagen
Die Anlagen müssen behördlich registriert werden. Dies gilt für Neuanlagen vor Inbetriebnahme. Im Gegensatz zu der oben beschriebenen Anzeigepflicht bei Änderungen brauchen Sie Ihre Anlage nur einmal zu registrieren.
Bestehende Anlagen müssen bis zum 1. Dezember 2023 angezeigt werden. Das scheint noch lange hin zu sein, sorgen Sie trotzdem jetzt schon dafür, dass Sie die erforderlichen Unterlagen haben:
- Feuerungswärmeleistung
- Art der Anlage
- verwendete Brennstoffe und ggf. der jeweilige Anteil
- Datum der Inbetriebnahme
- der NACE-Code
- voraussichtliche Betriebsstunden und durchschnittliche Betriebslast
- ggf. Erklärungen, wenn Sonderregelungen angewendet werden sollen
- Betreiber und Standort der Anlage
- Schornsteinhöhe und Geokoordinaten
Wir können davon ausgehen, dass ein zentrales elektronisches Anlagenregister geschaffen wird, das erst kurz vor Ablauf der Frist freigeschaltet wird. Halten Sie Kontakt zu Ihrer Behörde und Ihrer Messstelle, damit Sie den Zeitpunkt nicht verpassen. Ich werde hier ebenfalls aktuell informieren.
Welche Übergangsfristen gelten für die neuen Grenzwerte?
Die neuen Emissionsgrenzwerte müssen ab dem 1. Januar 2025 eingehalten werden.
Bestandsanlagen mit Feuerungswärmeleistungen unter 5 MW, die feste Biobrennstoffe einsetzen müssen die Grenzwerte ab 2028 einhalten, bis dahin gilt die TA Luft.
Bestandsanlagen zur Verbrennung von Deponiegas mit einer Feuerungswärmeleistung unter 5 MW halten die Grenzwerte für Schwefeloxide ab 2030 ein.
Für bestimmte Anlagen zur Spitzenlastabdeckung oder Notversorgung gibt es einzelne Grenzwerte, die ab dem 01.01.2036 gelten.
Im Bedarfsfall muss man sehr genau gucken.
Neue Anlagen – Anlagen, die nach dem 20.12.2018 in Betrieb genommen wurden – müssen die Grenzwerte heute schon einhalten.
Welche Grenzwerte müssen Sie einhalten?
Das hängt im Wesentlichen ab von den eingesetzten Brennstoffen und der Anlagengröße.
Die Verordnung ist in diesem Bereich schwer zu lesen. Es gibt Ausnahmen, Sonderfälle und Ausnahmen von den Ausnahmen. Teilweise finde ich dort Ungereimtheiten und widersprüchliche Angaben.
Deshalb habe ich Checklisten erstellt, mit denen Sie, bezogen auf Ihre Anlage und die eingesetzten Brennstoffe, die für Sie geltenden Grenzwerte schnell und übersichtlich ermitteln können.
Hier sehen Sie einen Ausschnitt einer Checkliste. Die vollständige für Sie relevante Checkliste erhalten Sie auf Anfrage. Senden Sie mir einfach eine Email.
Wo sind Nachrüstungen notwendig, um die Grenzwerte einhalten zu können?
Das lässt sich pauschal in einem Blogbeitrag nicht sagen. Vergleichen Sie die aktuellen Messwerte mit den geforderten Grenzwerten. Beachten Sie die geänderten Bezugssauerstoffwerte, die den Vergleich schwieriger machen.
Wir können grob geschätzt von folgenden Nachrüstungen ausgehen:
- Holzfeuerungen mit weniger als 5 MW brauchen Staubabscheider
- Holzfeuerungen über 20 MW werden zusätzliche Abgasreinigungen brauchen
- Biogasmotoren und Erdgas-Magermotoren werden ebenfalls zusätzliche Abgasreinigungen brauchen
Wie gehen Sie jetzt am geschicktesten vor?
Veranlassen Sie eine Emissionsmessung. Auch wenn diese erst gemacht werden müssen, wenn die Grenzwerte gelten. So wissen Sie rechtzeitig, ob Sie an Ihrer Anlage Änderungen vornehmen müssen, um die Grenzwerte einzuhalten.
Haben Sie bereits regelmäßige Messungen durchgeführt, sprechen Sie mit Ihrer Messstelle, das kann der Schornsteinfeger oder eine andere Messstelle sein. Wenn diese bereits die Messwerte gemäß der 44. BImSch-Verordnung messen können, geht es nur noch um den Termin. Achten Sie unbedingt darauf, dass nach dieser Verordnung gemessen wird, einschließlich Bezugssauerstoff, damit Sie die richtigen Werte bekommen.
Spätestens wenn abzusehen ist, dass Ihre Anlage die neuen Grenzwerte nicht einhält, sollten Sie den Anlagenbauer kontaktieren. Ermitteln Sie Massnahmen, um die Anlage auf den Stand der Technik und die geforderten Emissionswerte anzupassen.
Erfahrungsgemäß wird zum Ende der Fristen die Zeit doch noch knapp und die Anlagenbauer werden ausgelastet sein. Außerdem lässt sich eine Investition besser planen, wenn die Zeit nicht zu knapp ist.
Warum gibt es diese Neuregelungen?
Um Schadstoffemissionen zu verringern. Zur Umsetzung einer EU-Richtlinie, die ebenfalls dieses Ziel hat.
Nach der europäischen Industrie-Emissions-Richtlinie (Industrial Emissions Directive – IED) sind Feuerungsanlagen bisher erst ab einer Größe von über 50 MW geregelt. Mit der MCP-Richtlinie (Medium Combustion Plants Directive – Richtlinie über mittelgroße Feuerungsanlagen) sollen die Emissionen mittlerer und kleinerer Anlagen geregelt werden.
Das ist sinnvoll, denn der Anteil der kleineren Anlagen an den Gesamt-Emissionen ist alleine aufgrund der Zahl der Anlagen erheblich.
In Deutschland sind die meisten der betroffenen Anlagen bereits seit langem genehmigungspflichtig, wenigstens aber durch Verordnungen mit Emissionsgrenzwerten belegt. Die Zuordnung der Grenzwerte zu Anlagen bestimmter Größe ist in Deutschland anders strukturiert als es die MCP-Richtlinie jetzt vorsieht. Das macht das Ganze natürlich nicht einfacher – zumindest es erstmal zu verstehen. Ich denke allerdings, wenn wir die Hürde, die Anlagen richtig einzuordnen, genommen haben, wird es wieder zu einem Selbstläufer.
Fazit
Die Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen – 44. BImSch-Verordnung – regelt Betreiberpflichten und Grenzwerte für Anlagen unterhalb 50 MW. Teilweise sind diese heute schon gültig, teilweise bestehen unterschiedliche Übergangsfristen.
Werden Sie jetzt aktiv. Die Fristen werden – wie so oft – schneller ablaufen als gedacht.